Seit längerem spiele ich mit dem Gedanken einen Energiethemen-Blog zu erstellen. Themen sind viele vorhanden. Starten möchte ich meinen neuen Blog zu nachhaltige Energiethemen nun mit einem Bericht über die SWISS-US ENERGY INNOVATION DAYS (SUEID) die vom 21.-23.08.2017 in New York stattfanden. Dieser Fachkongress, organisiert vom Bundesamt für Energie und Swissnex Boston, wurde zum vierten Mal durchgeführt und ich durfte Teil der Schweizer Delegation sein.
Zu Beginn stellt sich die Frage: Ist es sinnvoll über erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit zu diskutieren und dafür den langen Flug nach New York auf sich zu nehmen? Mein vorgezogenes Fazit: Ja, weil es die Akteure in der Branche zusammenbringt, internationale Erfahrungen ausgetauscht werden, gemeinsam neue Wege besprochen und zukunftsträchtige Projektideen entworfen werden.
Montag 21.08.2017 – “clouds and eclipse”
Der offizielle Teil der SUEID startete mit Begrüssungen durch Benoît Revaz (Direktor vom Bundesamt für Energie BFE), Oliver Haugen (head swissnex boston) und Marianne Zünd (Medienverantwortliche BFE).

Swiss-US Energy Innovation Days 2017 Conference held Monday August 21, 2017 in New York. Photo: Rob Tannenbaum
Zum Auftakt stellte die Verantwortliche der “New York Power Authority”, Jill C. Anderson ihr Unternehmen und dessen Energiekonzepte vor. Sie gab Einblicke wie die Megametropole New York bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energien auf 50% steigern will. Unter anderem sollen die unzähligen Zählerdaten nicht mehr nur für die Energieabrechnungen verwendet werden. Die Daten werden nun auch analysiert um Hinweise auf Effizienzsteigerungs-Potential und massgeschneiderte Dienstleistungen für die Kunden zu liefern. Der Smartmeter wird vom Abrechnungstool zum Informationsträger. Das Stromnetz (engl.: grid) soll smart – also intelligent – gemacht werden. Mit der Digitalisierung im Netz werden zukünftig viele weitere Netz-Komponenten vertiefte Informationen für ein effizientes Grid-Management liefern.

Swiss-US Energy Innovation Days 2017 Conference held Monday August 21, 2017 in New York. Photo: Rob Tannenbaum
Christine Weydig (Director of Environment and Energy programs) von der “Port Authority of New York and New Jersey” hielt im Anschluss eine Rede über die Risiken bei der Investition in nachhaltige und erneuerbare Energieprojekte. Als zuständige Behörde ist sie Verantwortlich für drei Flughäfen, die grossen Schiffhäfen und Terminals, Bahn, Brücken und Tunnels und ist der größte staatliche, elektrische Energieerzeuger und Stromnetzbetreiber in den USA . Ein aktuell laufendes Programm soll massive Effizienzsteigerungen in die riesige Infrastruktur bringen. Mittels Vorgaben und spezifischen Rahmenbedingungen wird seit Jahren auf eine nachhaltige Entwicklung hingearbeitet. Als wichtiges Hilfsmittel wurde ein umfassendes Energie-Monitoring und -Controlling-Center aufgebaut. Auch hier sind Smart Metering, Smart Grid und Datenanalyse ein grosses Thema.
Im Anschluss wurden moderierte Experten-Diskussionsrunden abgehalten. Diese “Panel” wurden themenmässig aufgeteilt in “clouds”. Die Wolken waren “the risk cloud”, “the business cloud”, “the building cloud” und “the grid & storage cloud”.
The risk cloud
Die Energiewende ist kostspielig und muss von der Wirtschaft (mit-)finanziert werden. Was sind die Risiken?Vertreter der Banken (CS, NY Green Bank), der Wirtschaft (WSP) und Fachberater (PAG Consulting & Services) diskutierten über die Risiken bei Investitionen in nachhaltige Systeme und neue erneuerbare Technologien.
Um die Energiewende erfolgreich umzusetzen, wird einiges an Risikokapital benötigt. Gewisse Banken sind spezialisiert auf die nachhaltige Energie-Branche, die bisher eher ein Nischendasein fristete. Da grosse Projekte im Bereich nachhaltiger Energieerzeugung oft sehr wirtschaftlich vielversprechende und zukunftsweisende Investitionen sind, haben nun auch die Grossbanken ihr Produktportfolio entsprechend erweitert. Aktuell vorwiegend in den “erprobten Geschäftsfeldern” wie Wind, Sonne und Wasser.
Bei den neuen Erneuerbaren (u.a. Geothermie, Biomasse) gibt es jedoch noch oft relevante technologische Herausforderungen und damit Investitionsrisiken. Es stellen sich Fragen wie: Kann sich eine neue Technologie am Markt durchsetzen? Wird sie gar zum neuen Standard oder wird sie vielleicht einige Jahre später stark verbessert und damit unrentabel? Wird eine Technologie gar durch eine andere, noch gar nicht bekannte/ausgereifte, Technologie ersetzt?
Grosse und langfristige Investitionen benötigen gewisse politische Rahmenbedingungen. Diese sind zum Teil vorhanden, vielerorts aber auch noch nicht. Die Regulierung darf wiederum auch nicht zu streng sein, damit Markt und Innovation sich entwickeln können. Die Vor- und Nachteile von Gesetzen und Rahmenbedingungen werden die Regierungen und Fachkreise in den nächsten Jahren noch ausgiebig beschäftigen.
In der Schweiz trägt die angenommene Abstimmung zur “Energiestrategie 2050” sicherlich stark zu einem stabileren und spannenden Marktumfeld bei. Ausgiebige Subventionen in spezifische Technologien werden jedoch mutmasslich nicht der sinnvolle Weg sein, wie das Beispiel Deutschland aufzeigt. (Hierzu in zukünftigen Blogs mehr…)
Die Wirtschaft ist der grosse Treiber dieser Energiewende und von ihr wird abhängig sein, wie schnell es vorwärts geht. Mit oder ohne politische Rahmenbedingungen.
In Amerika sieht die energiepolitische Agenda aktuell leider nicht mehr sehr nachhaltig aus. Erfreulicherweise gibt jedoch Staaten wie Kalifornien, Texas, Hawaii und Montana sowie Städte wie New York die unbeirrt den eingeschlagenen nachhaltigen Weg weitergehen wollen.
Spannend erscheint auch das Beispiel der NY Green Bank, ein teilstaatliches Unternehmen welches in nachhaltige Energie und Smartgrid investiert. Gemäss ökonomischen Kriterien werden Projekte gewählt und finanziert. Die (Stadt-)Regierung hat damit massgeblichen Einfluss auf eine langfristig ausgelegte Energiestrategie und übernimmt ein gewisses Risiko, womit wiederum Anleger und Investoren entlastet werden.
The business cloud
Die “business cloud” brachte Vertreter der Regulierungsberatungsfirmen und von Unternehmen zusammen.
Die Datenerfassung von Grid und Verbrauchern verändern Marktansätze und erlauben neue Dienstleistungen. Der entscheidende Punkt ist dabei jedoch die Echtzeitübertragung. Nur Realtimedaten ermöglichen ein aktives Grid-Management, schon bei einer Verzögerung von 15 Minuten sind die Daten kaum mehr wirtschaftlich brauchbar.
Die grosse Herausforderung in naher Zukunft ist die Einbindung der erneuerbaren Energien ins Netz. Zukünftig werden die verschiedenen Speichertechnologien (Pumpspeicher, Batterien, Druckspeicher, Power2Gas, etc.) massiv an Wichtigkeit für das Gridmanagement hinzugewinnen. Man spricht von “game changern” und auch hier sind neue Businessmodelle zu erwarten, bzw. gefordert. Gut denkbar, dass für das bedarfsabhängige Strommanagement neue Unternehmen in den Markt drängen und die bestehenden Energieversorgern konkurrenzieren. Telecom- oder IT-Dienstleister besitzen dabei den Vorteil, dass sie bereits über digitales Knowhow besitzen und keine Rücksicht auf etwaige “Altlasten” in der konventionellen Energieerzeugung nehmen müssen. Auch hier sind neue Rahmenbedingungen erforderlich. Die politischen Regulierungsansätze werden dabei die jeweiligen Märkte prägen.
Grosse Batterie-Speicheranlagen wechseln mittlerweile bis mehrere hundert Mal in der Minute von Laden zu Entladen umgeschaltet, abhängig von der Nachfrage und dem aktuell gehandelten Energiepreis. Die bedarfsgerechte Reaktion ist damit sehr viel schneller möglich als dies konventionelle Kraftwerke können.
Gemäss Experten wird der kWh-Preis zukünftig tendenziell ansteigen. Es ist weiter zu erwarten, dass sich der Strom-Marktpreis zukünftig noch schneller und stärker bewegt. Demzufolge kann mit einem geschickten Verhalten am Markt gutes Geld verdient werden.
Einfluss auf die zukünftigen Player im Energiemarkt werden die Endkonsumenten haben. Es sind Businessmodelle gefragt die den Kunden in den Fokus stellen und die Energiethemen zu einem Erlebnis machen.
The building cloud
Hier diskutierten Gebäudeingenieure, Architekten und Verhaltenspsychologen über die Effizienzsteigerungen in Wohngebäuden. Diese sind stark abhängig vom Verhalten der Endverbraucher die diesbezüglich verstärkt sensibilisiert werden müssen.
Im grossen New York sind viele Gebäude schon sehr alt, die Wärmedämmung meistens schlecht. Mit “the greener greater building plan” will die Stadt nun aktiv gegen Energieverluste vorgehen und die Effizienzsteigerungen forcieren. Keine simples Unterfangen, etwa 15’000 Gebäude haben Energiebezugsflächen von über 50’000 m2.

New York, Photo R. Marty
Vermehrt wird nun auch in den Staaten nicht mehr das einzelne Gebäude, sondern das Quartier betrachtet. Vielleicht befindet sich ja noch ein Datacenter in der Umgebung, dessen Abwärme genutzt werden kann.
Aufgrund der verstärkten Erfassung von Gebäudedaten wird es zukünftig auch möglich sein, Effizienzsteigerungspotential vermehrt im Betrieb zu erkennen und umzusetzen. Über den Vergleich mit Benchmark Werten von ähnlichen Gebäuden und Anlagen kann die Effizienz des eigenen Gebäudes verbessert bewertet werden. Die Homepage von “Metered New York” stellt solche Benchmarks online zur Verfügung.
Ob sogenanntes “Performance Contracting” im Wohnbereich bald öfters anzutreffen ist, wird sich zeigen. Ein externer Dienstleister würde dabei die Verantwortung über den effizienten Betrieb einer Anlage übernehmen.
The eclipse
Per Zufall fiel die Konferenz in den vereinigten Staaten genau auf den Tag der Sonnenfinsternis und die Teilnehmer durften in der Pause das Spektakel der teils verdeckte Sonne (ca.70% in New York) betrachten.
The grid & storage cloud
Schliesslich lud die Expertenrunde zu Netz und Speichertechnologien zur Diskussion ein.
Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft forderten einhellig stabile politische Rahmenbedingungen. Es braucht Visionen, Masterpläne und durchdachte Umsetzungsprogramme. Der Energiemarkt ist in Bewegung und neue Player mischen mit. Die Herausforderung für die Politik wird die Balance zwischen Versorgungssicherheit und freiem Markt, sowie die Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse und technologischen Entwicklung. Es wird sich zeigen welches Land smarte Regeln schafft.