Wie schon häufig erwähnt, es benötigt viele unterschiedliche Lösungen und Technologien für eine erneuerbare Energiezukunft.
Dieser Blogeintrag handelt vom Speichern von erneuerbare Energien. Er liefert die Einführung zur Power-to-gas-Thematik und erklärt die Umwandlung von Strom in Gas.
Die 2-Stufen-Umwandlung
Wieso soll hochwertige Elektroenergie in Wasserstoff oder Methan umgewandelt werden? Um das zu erläutern, muss etwas weiter ausgeholt werden.
Deutschland begann vor einigen Jahren die erneuerbaren Technologien – Wind und Sonne – massiv zu fördern. Grössere Absatzmengen führten zu günstigeren Produkten und im Sog dieser Entwicklung wurden in ganz Europa die Erneuerbaren stark ausgebaut.
Die Zunahme der installierten Leistung führte dazu, dass bei günstigen Wetterbedingungen plötzlich grosse Mengen an zusätzlichem Strom in die Netze drängen. Dies führt zu Problemen, da die konventionellen Kraftwerke mit Kohle oder Kernkraft nur begrenzt variabel betrieben werden können. Das bestehende Energienetz ist schlicht nicht auf stark volatile Erzeugungsanlagen ausgerichtet.
Elektrischer Strom lässt sich aktuell nur unzufrieden stellend Zwischenspeichern. Grosse, industrielle Batterie-Speicheranlagen gibt es bisher nur vereinzelt und wenn auch Weitere in Bau oder Planung sind, der Nachholbedarf ist enorm.
Pumpspeicher-Kraftwerke die Wasser in die Stauseen hochpumpen sind momentan noch die sinnvollsten Abnehmer bei Stromüberkapazität im Netz. Die Speicherseen vorwiegend in der Schweiz und in Norwegen sind heute die wichtigsten “Netzstabilisierer” im europäischen Netzverbund. Sie können innerhalb von wenigen Minuten umstellen von Elektrizität produzieren zu Energie speichern (hochpumpen). Jedoch ist auch ihre Kapazität beschränkt, ein Stausee kann nur eine begrenzte Menge an Wasser aufnehmen. (Die Rolle und der Ausbau von Speicherseen wird Thema eines künftigen Blogs sein)
Wenig Speicherkapazität und Energieverschwendung
Aufgrund der begrenzten Speicherkapazität und dem Umstand das konventionelle Kraftwerke nicht schnell genug runtergedrosselt werden können, kommt das europäische Stromnetz in den letzten Jahren öfters an seine Leistungsgrenzen. Bereits im normalen Zustand ist das Netz stets zu etwa 95% ausgelastet. Unschwer erkennbar, dass nicht viel Luft nach oben ist um zusätzliche Kapazitäten aufzunehmen.
Was geschieht nun, wenn zu viel Strom ins Netz drängt? Um Überlast-Abschaltungen (und damit Stromausfälle) zu vermeiden, muss der Strom also irgendwo hin abfliessen. Seit einigen Jahren führen diese saisonalen Überkapazitäten zu seltsamen Auswüchsen von “Stromvernichtung” (physikalisch nicht ganz korrekt, Energie kann gemäss dem Energieerhaltungssatz nur umgewandelt werden).
So werden beispielsweise im Sommer im deutschen Bahnnetz die elektrischen Schienenheizungen eingeschaltet um Strom zu “verheizen”. Statt für Strom zu zahlen, kriegt ein Abnehmer sogar Geld für den Verbrauch von überschüssiger Elektrizität.
Mir ist ein Beispiel von einer regionalen Abfallverbrennungsanlage bekannt, welches normalerweise aus der Verbrennungsenergie Fernwärme und Strom erzeugt. Wenn zu viel Strom im Netz ist und Abnehmer bezahlt werden, wird der Generator jedoch als Motor betrieben und Energie in Form von Wärme verpufft. Damit wurde im Jahr 2015 ca. 100’000 CHF verdient.
Alternative Umwandlung von überschüssigem Strom
Hier kommt nun die Umwandlung von Strom in Gas ins Spiel. Als Alternative zur unsinnigen “Vernichtung” von hochwertiger Energie, wurde in den letzten Jahren die power-to-gas-Technologie weiterentwickelt.
Mittels Elektrolyse wird Wasser chemisch aufgeteilt in Wasserstoff und Sauerstoff (power to hydrogen, P2H). Wasserstoff kann als Energiequelle für Brennstoffzellen dienen. Das Prinzip der Brennstoffzelle ist seit Längerem bekannt. Durchgesetzt hat sich die Technologie in der Industrie oder der Mobilität, aus verschiedenen Gründen, jedoch noch nicht. Insbesondere die anspruchvollen Speicherung (hoher Druck, Explosionsgefahr) erschwert die Verwendung in Fahrzeugen, es kann jedoch bis zu einem gewissen Anteil dem Erdgasnetz beigefügt werden.
Alternativ kann Wasserstoff zu Methan weiterverarbeitet werden. Man spricht von der Methanisierung oder auch von synthetischem Naturgas (SNG). Neben Strom erfordert dies auch noch die Beigabe vom sonst unerwünschten Treibhausgas Kohlendioxid (CO2).
Im Gegensatz zur Elektrizität lässt sich das Methan gut lagern. Wird Strom benötigt, könnte das Gas in Gaskraftwerken erneut zu Strom umgewandelt werden (begrenzt sinnvoll). Aber es lassen sich damit herkömmliche Erdgasautos betanken. Da Methan und Erdgas die gleichen chemischen Eigenschaften besitzen, braucht das Fahrzeug dafür nicht umgerüstet werden
Hier ein Empa-Video zur power-to-gas Versuchsanlage in Dübendorf (CH) (deutsch, 2 Min).
Ist die Umwandlung in Methan sinnvoll?
Methan hat also einige Vorteile:
- hohe Energiedichte
- einfach speicherbar in der bestehenden Gasinfrastruktur
- einfach transportierbar
- vielseitig und saisonbedarfsgerecht nutzbar
Der grosse Nachteil von synthetisch erzeugtem “Naturgas” sind jedoch die hohen Verluste. Die 2-Stufen-Umwandlung zu Wasserstoff und dann zu Methan hat einen schlechten Gesamt-Wirkungsgrad von (momentan) etwa 30%. Eine Rückverstromung ist wiederum mit Verlusten behaftet und daher nur sehr begrenzt sinnvoll.
Ganz klar wird Power-to-Gas die Elektrifizierung von Energieanwendungen nicht verdrängen. Die Methode kann aber eine sinnvolle Verwendung von “überschüssigem” (nicht besser nutzbarem) erneuerbarem Strom einen Beitrag für die Energiewende leisten. Man darf gespannt sein wie sich diese Technologie in Zukunft etabliert.
Für diejenigen, welche die Bedeutung von power-to-gas in der Energiezukunft und die Problematik vom Umstieg auf Erneuerbare Energien noch ein wenig ausführlicher und wissenschaftlicher erläutert haben wollen, hier noch ein spannender Vortrag an der Hochschule Karlsruhe von Dr. Joachim Nitsch “Power to Gas – Die Bedeutung speicherbarer Energieträger für die Energiewende” (2016 / deutsch, 50 Min):
Quellen: bulletin.ch Ausgabe 09/17, YouTube.com, Wikipedia.com,