Was ist der aktuelle Technikstand der Photovoltaik? Wie effizient sind die heutigen Module? Was wird in der Schweiz produziert und entwickelt? Welche Alternativen zu Silizium-Solarzellen gibt es?
Photovoltaik aus der Schweiz für die Welt
Nächste Woche finden in Schweden wieder die Nobelpreis-Verleihungen statt. Es gäbe da einen Schweizer Forscher der ihn für seine wegweisenden Forschungen durchaus verdient hätte. Der Schweizer Professor Michael Grätzel der Technischen Hochschule in Lausanne ist einer der weltweit führenden Wissenschaftler in den Fachdisziplinen Chemie, Physik, Materialwissenschaften und Ingenieurwesen. Er hat 1990 einen neuen Typ von Solarzellen – die Grätzel-Zelle – massgeblich mitentwickelt und liess die Technologie 1992 patentieren.
Die Grätzel-Zelle oder Farbstoffsolarzelle (DSC) ist eine Bionik-Anwendung, also der Natur abgeschaut. Im Gegensatz zu den weitverbreiteten Silizium-Solarzellen nutzt die Grätzel-Zelle, vergleichbar mit der Photosynthese von Pflanzen, organische Farbstoffe zur Lichtabsorption. Zwar liegt die Umwandlungseffizienz (bis 10%) aktuell klar unter derjenigen von Silizium-Modulen (bis ca. 30%). Die DSC-Technologie ebnete aber den Weg für die Entwicklung von Perowskit-Solarzellen (PSC), welche als Hoffnungsträger in der Photovoltaik-Forschung gelten und von Prof. Grätzel und seinem Team in Lausanne aktuell optimiert werden. Vor kurzem gelang dem EPFL-Forschungsteam eine Umwandlung von über 20% Wirkungsgrad. Gemäss Pressemitteilung sagte Grätzel: „Das ist ein grosser Durchbruch in der Perowskit-Solarzellen-Forschung und ebnet den Weg für die breite kommerzielle Anwendung dieser vielversprechenden neuen Fotovoltaik-Technologie“.
Von der Forschung zur Anwendung von Zukunftstechnologien:
Smart-Wire-Technologie und Heterojunction-Zellen aus Thun
Die Firma Meyer Burger aus Gwatt (Thun) ist ein führendes und global aktives Technologieunternehmen für innovative Systeme und Prozesse auf Basis von Halbleitertechnologien. Ihr Fokus liegt auf Hightech-Produkten und innovativen Entwicklungen für die Solarindustrie.

‘SmartWire’-Drähte liegen parallel auf den vorderen Metal “Fingern” der Solar Zelle. Image Credit: Day4 Europe
Meyer Burger hat die SmartWire Connection Technology (SWCT) entwicklet. SWCT ist eine kosteneffiziente Methode der Zellverbindung mittels einer Folien-Draht-Elektrode anstelle der üblichen Zellverbinder (Ribbons). Durch diese Technologie wird ein wesentlicher Leistungsgewinn erzielt und gleichzeitig der negative Einfluss möglicher Microcracks (Brüche in der spröden Siliziumplatte) auf ein Minimum reduziert.
Aufgrund der dichten Kontaktmatrix resultiert eine deutlich höhere Leistungs im Solarmodul. Der relative Leistungsgewinn im Modul beträgt gut 6% gegenüber der herkömmlichen Herstellung (3-Busbar-Technologie).
Zellen ohne Busbars benötigen auch weniger Silber in der Herstellung. Eine Reduktion von bis zu 83% ist möglich.
Heterojunction (HJT) verbindet die Vorteile kristalliner Silizium-Solarzellen mit denen von Dünnschichttechnologien. Die Solarzellen erzielen dadurch höhere Wirkungsgrade bei gleichzeitig geringeren Produktionskosten.
Für die Herstellung der elektrischen Strukturen von Heterojunction-Zellen werden auf einen n-leitenden Siliziumwafer beidseitig dünne Schichten aus dotiertem, amorphen Silizium sowie transparente, leitfähige Oxidschichten (TCO) zur Aufnahme des erzeugten Stroms aufgebracht. Aufgrund der hohen Lichtausbeute und der hervorragenden Passivierungseigenschaften des amorphen Siliziums ist es möglich, Wirkungsgrade von mehr als 22% zu erreichen. Darüber hinaus haben Heterojunction-Zellen das deutlich bessere (Hoch-)Temperaturverhalten als konventionelle Siliziumsolarzellen.
Bifaciale Module

Bifaciale HJT-Solarfassade am CSEM in Neuenburg, Image Credit: Meyer Burger AG
Bifaciale Module können Licht auf beiden Seiten aufnehmen, was sie effizienter macht. Kombiniert mit einer weissen Fassade können die vorgehängten PV-Module das direkt eintreffende und das von der Wand reflektierte Licht gleichzeitig aufnehmen. Sie liefern einen erhöhten Energieertrag in Bezug auf KWh/WP unter realen Bedingungen.
Mit der Kombination von Smart Wire Connection Technologie auf Heterojunction Zellen erreicht man Effizienzen im Modul von mehr als 20%. Zusätzlich kombiniert mit neuen Moduldesign (z.B. Glas/Glas Module) ergibt dies deutlich tiefere Energiekosten (CHF/kWh).

Bifaciale PV-Module auf dem Dach der Migros Schönbühl, Image Credit: Meyer Burger AG
Flexible Solarzellen von Flisom
Die Flisom AG wurde 2005 als Spin-off-Unternehmen der ETH Zürich gegründet und verfügt über eine langjährige Forschungspartnerschaft mit der Empa – den Schweizerischen Laboratorien für Materialwissenschaften und Technologie.
Flisom ist führend im Markt der flexiblen CIGS Photovoltaiktechnologien und produziert in einer Schweizer Fertigungsstätte in Niederhasli ZH. Das Unternehmen hat den letzten 10 Jahren Flisom eine Anzahl eigener Produktionsanlagen und -komponenten entwickelt, die auf dem Markt einzigartig sind. Zusammen mit dem Forschungspartner Empa ist Flisom bei flexiblen Solarzellen immer noch Inhaber des Weltrekordes mit 20,4% Zellwirkungsgrad auf einem polymeren Substrat.
CIGS-Zellen
Eine Kupfer-Indium-Gallium-Selenid-Solarzelle (CIGS-Zelle) ist eine Dünnschicht-Solarzelle, die verwendet wird, um Sonnenlicht in elektrische Energie umzuwandeln. Dünne Schichten aus Kupfer, Indium, Gallium und Selenid werden auf Glas oder Kunststoff aufgebracht. Da das Material einen hohen Absorptionskoeffizienten aufweist und das Sonnenlicht stark absorbiert, ist ein viel dünnerer Film erforderlich als bei anderen Halbleitermaterialien.
CIGS ist eine von drei marktreifen Dünnschicht-PV-Technologien, die beiden anderen sind Cadmium-Tellurid und amorphes Silizium. Wie diese Materialien sind die CIGS-Schichten dünn genug, so dass sie auf flexiblen Substraten abgelagert werden können. Technisch bedingt, kommt die beste Leistung jedoch normalerweise von Zellen, die auf Glas abgelagert werden.
Flisom überträgt den CIGS-Herstellungsprozess vom Labormaßstand auf eine industrielle Fertigung und bahnt damit den Weg für die kommerzionelle Anwendung dieser Technologie. Ein einfacher Herstellungsprozess mit geringem Material- und Energieverbrauch, führt zu geringen Gesamtkosten und Solarpanels mit einem hohem Aufwand- und Ertrag-Verhältnis.

Flexibles CIGS-Solarmodul von Flisom, Image Credit: Flisom AG
Die Anwendungen von leichten und flexiblen CIGS-Modulen sind vielfältig:
- Transport und Mobilität
- Spezielle Fassaden- und Dachkonstruktionen
- Tragbare, aufrollbare Module für Strom unterwegs
Man darf also gespannt sein wie sich die Dünschichttechnologie in den nächsten Jahren in unseren Alltag einfügt.
Der Autobauer Audi und der chinesische Solarzellenentwickler Alta Devices haben angekündigt, dass sie noch in diesem Jahr einen Prototypen mit Solardach vorzustellen. Flexible Solarzellentechnologie soll es ermöglichen, einen elektrischen Audi komplett mit Solardach auszustatten. Ob es damit gelingt einen spürbaren Anteil vom eigenen Energiebedarf zu decken, wird sich noch zeigen.
Daten- und Informationsquellen: Meyerburger.com, Flisom.com, Wikipedia.com, Audi.com
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