Der Schweizer Gebäudepark 2050 – Auf ROSEN gebettet?

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Das Bundesamt für Energie (BFE) richtet seine Vision auf die Energiestrategie 2050 des Bundes aus. Die Eckpunkte werden durch das Kürzel ROSEN zusammengefasst:

  • R – Reduktion
  • O – Optimierung
  • S – Substitution
  • E – Erneuerbare Energien
  • N – Nachhaltigkeit

Der Bund, und damit das BFE, hat im Zusammenhang mit der Verbesserung vom Energieverbrauch in Gebäuden nur eine unterstützende Funktion. Gemäss Bundesverfassung (Artikel 89, Absatz 4), sind für die Massnahmen, die den Verbrauch von Energie in Gebäuden betreffen, vor allem die Kantone zuständig. Von welcher Grössenordnung sprechen wir hier?

Der Gebäudepark in der Schweiz

In der Schweiz stehen cirka 1,8 Millionen Gebäude mit einer Gesamtfläche von um die 800 Millionen Quadratmeter.

Die Schweizer Gebäude verbrauchen rund 45% des gesamten Endenergiebedarfs, was etwa 100 TWh entspricht (Schätzwerte über die Periode 2010 – 2015). Ungefähr 75% davon wird für die Heizung aufgewendet. Heizöl ist weiterhin der wichtigste Energieträger, welches über die Hälfe dieses Wärmeenergiebedarfes abdeckt. Etwa ein Viertel des Gebäudeparks wird mit Erdgas versorgt. Die Anzahl der erneuerbaren Heizsysteme ist zunehmend, jedoch immer noch klein.

Die jährlichen Investitionen in den Gebäudepark betragen CHF 40 Milliarden (Neubauten CHF 27 Milliarden, Sanierungen CHF 13 Milliarden). Durch die Öffentliche Hand wird davon etwa 15% getragen, während Private die restlichen 85% investieren.

Die Energiestrategie 2050 (neue Energiepolitik) sieht für den schweizerischen Gebäudepark einen Verbrauch von 55 TWh im Jahr 2050 vor. Gegenüber der Schätzperiode soll der Endenergieverbrauch also nahezu halbiert werden. Eine Herkulesaufgabe die das BFE gemäss der bekannt gegebenen Strategie erreichen will.

Die ROSEN-Vision

Reduktion (ergänzend zur Vision Substitution)

  • Bis 2050 sinkt Verbrauch von Wärme und Elektrizität von 100 TWh auf 55 TWh.
  • Der mittlere Verbrauch je Quadratmeter Energiebezugsfläche ist 2050 im Vergleich zu 2010 um 60% tiefer.

Bei Betrachtung der zunehmenden Gebäudeflächen, ist für die Erreichung dieser ambitionierten Ziele eine klare Verbesserung der Energiekennzahlen je m2 notwendig. Der Durchschnitt der Energiekennzahl über alle Energieträger muss von 145 kWh/m2/Jahr (Stand 2010) auf 60 kWh/m2/Jahr gesenkt werden.

Optimierung

  • Bis 2050 ist die Gesamtenergieeffizienz eines jeden Gebäudes in der Schweiz bekannt.

Der energetische Zustand eines Gebäudes ist eine wichtige Grundlage für die Sanierungsstrategie über die Lebensdauer. Weiter soll dank dieser Transparenz zukünftig die Energieeffizienz ein wichtiges und sinnvolles Kriterium beim Verkauf oder der Vermietung von Gebäuden und Wohnflächen werden.

  • Bis 2020 sind alle grossen Gebäude im Betrieb kontrolliert und optimiert.

Auf kantonaler Ebene wird an diesem Punkt mit dem Grossenergieverbraucher Artikel gemäss MuKEn (Mustervorschriften der Kantonalen Energiebeauftragten) seit Längerem gearbeitet. Anfänglich auf freiwilliger Basis, muss der Nachweis der Wirtschaftlichkeit und die Möglichkeit, in grossem Massstab Energieoptimierungen umzusetzen, bis zur nächsten MuKEn-Revision erbracht werden. Als Zeithorizont wird 2025 als realistisch betrachtet.

  • Bis 2030 ist diese Massnahme für alle Gebäude obligatorisch.

Basierend auf den Nachweis der Wirtschaftlichkeit wird die Energieoptimierung obligatorisch für alle Gebäudetypen in der Schweiz, wobei für die einzelnen Gebäudetypen unterschiedliche Bestimmungen gelten werden. Die Entwicklung neuer Dienstleistungen, wie das Energiespar-Contracting, soll diesen strategischen Schwerpunkt unterstützen.

Substitution (ergänzend zur Vision Reduktion)

  • Bis 2050 wird es (Ausnahmen vorbehalten) kein Heizöl, Erdgas oder Strom für den direkten Verbrauch zum Heizen mehr geben.

Der Grossteil der Gebäude ist energetisch saniert. Fossile Energiequellen (Erdöl und Erdgas), sowie ortsfeste elektrische Widerstandsheizungen wurden durch erneuerbare Energieträgern ersetzt. Dieser Punkt steht unter dem Vorbehalt, dass die Kosten verhältnismässig und die Lösungen technisch realisierbar sind.

  • Bis 2025 werden die Fernwärmenetze zu über 80% mit Abwärme oder erneuerbaren Energien versorgt.

Zur Deckung des Spitzenbedarfs dürfen die Fernwärme-Erzeuger jedoch weiterhin auf fossile Brennstoffe zurückgreifen.

Erneuerbare Energien

  • Bis 2050 möglichst grosse Abdeckung des Eigenbedarfs in jeden Jahreszeit und zusätzliche Energieerzeugung für andere Anwendungen.

Dieser vage furmulierte Punkt zielt darauf ab, dass Gebäude, Quartiere, Areale oder Städte ihren energetischen Bedarf möglichst selbst abdecken, ohne die Speicherkapazität des Netzes in Anspruch zu nehmen.

  • Bis 2050 erzeugen Gebäude einen Grossteil der Elektrizität für die elektrische Mobilität.

Gebäudeeigene Energie-Erzeugungsablagen versorgen tagsüber die elektrische Mobilität, welche im Gegenzug auch lokale Speicherkapazitäten bereitstellen kann.

  • Bis 2050 werden die Energienetze den Austausch ermöglichen (System im System).

Die Netze der Zukunft werden nicht nur Energie liefern können, sondern es auch jedem Produzenten ermöglichen, seine elektrische (oder auch thermische) Überproduktion einzuspeisen. Die Transformation der Netze ist unumgänglich, damit in grossem Ausmass erneuerbare Energie genutzt werden kann.

Nachhaltigkeit

  • Der gesetzlichen Rahmen der Raumplanung ist mit der Energiestrategie 2050 perfekt abgestimmt.

Die Gesetzesgrundlagen für die Raumplanung sind klar auf die Ziele der Energiestrategie 2050 ausgerichtet. Die Verdichtung von Wohn- und Nutzzonen wird noch mehr begünstigt und Naturflächen geschützt.

  • Grundgedanke: Gebäude, Brache, Quartier-Areal, Stadt – Keine Immobilienentwicklung ohne Berücksichtigung von Zielkonflikten mit anderen Bereichen im Sinne der nachhaltigen Entwicklung der Schweiz.

Etwaige Auswirkungen bei der Umsetzung der Energiestrategie 2050 werden in anderen Bereichen berücksichtigt und von angemessenen Massnahmen begleitet. Wenn es beispielsweise um erschwingliche Wohnungsmieten geht oder um eine Verdichtung, die eine hohe Lebensqualität ermöglicht.

Die Gebäudehülle ist nicht länger die Grenze des Systems. Ein Gebäude steht zukünftig in Wechselwirkung mit seiner Umgebung. Die Betrachtungsgrenzen eines Systems verschieben sich von der Ebene des Quartiers auf jene einer Siedlung bis hin zu einer Stadt.

Eine rosige Zukunft?

Gemäss Definition bedeutet das Sprichwort “auf Rosen gebettet sein”; das man Luxus/Komfort geniesst, wohlhabend ist, verwöhnt/umsorgt wird und alle Bedürfnisse befriedigt sind. Kann das auf einen Gebäudepark zutreffen? Sehen wir optimistisch in die Zukunft, würde die Vision des BFE fürwahr für mehr Komfort in unseren Heimen sorgen. Die Gebäude der Zukunft werden intelligent, vernetzt und energiesparend sein. Nichts wovor wir uns fürchten sollten, wenn wir bei der Entwicklung der neuen Technologien an das Wohl der Bevölkerung denken.

Realistisch betrachtet liegen uns auf dem Weg in eine rosige Zukunft aber noch viele Steine im Weg. Eine erfolgreiche Transition unserer Energieversorgung – innerhalb und ausserhalb unserer Gebäude – hängt nicht zuletzt von weisen weitsichtigen politischen Entscheiden ab. Hier ist zu hoffen, das die Politik vermehrt mutige Entscheide für eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Entwicklung der Schweiz trifft. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die neue technologischen Entwicklungen fördern und die erneuerbaren Energien unterstützen. Noch kämpfen die sogenannten Idealisten eher alleine auf weiter Flur, noch ist der Kaptalismus mit seinen kurzfristigen Gewinnzielen ein arger Gegner für eine nachhaltige Zukunft.

Bezogen auf den Gebäudepark müssten baldmöglichst die Weichen in die Zukunft gestellt werden. Bei einem Sanierungszyklus der Gebäudetechnik von 15-25 Jahren muss in den nächsten Jahren beim Ersatz der Heizungstechnik vermehrt auf erneuerbare Energien und intelligente Steuerungen gesetzt werden. Bei vielen Eigenheimbesitzern scheint diese Erkenntnis langsam angekommen sein, obwohl viele ewiggestrige Installateure ihren Kunden noch immer einen Eins-zu-Eins Ersatz ihrer alten Ölheizung empfehlen. Eine seriöse Lebenszyklus-Kostenbetrachtung zeigt auf, dass mittlerweile eine alternative Wärmeerzeugung über die Jahre hinweg günstiger kommt (v.a. in Kombination mit einer verbesserten Dämmung der Gebäudehülle). Insbesondere wenn davon ausgegangen wird, dass der Preis von fossilen Energieträgern (Öl und Gas) gemäss Analysten ansteigen wird.

Problematisch ist jedoch der Umstand, dass Mehrfamilienhausbesitzer und Grossportfolio-Immobilienunternehmen sehr wenig Interesse an Investitionen in kostspieligere alternative Heizungssysteme haben. Die Kosten für Öl- und Gasverbrauch, wie auch den Aufwand für den Unterhalt, können sie komplett auf die Mieter abwälzen. Ganz im Gegensatz zur Erstinvestition einer neuen Heizung. Also wird aus rein ökonomischen Überlegungen heraus der alte Ölkessel durch einen günstigen Neuen ersetzt (Ausnahmen bestätigen die Regel). Wenn die Vision des BFE Realität werden soll, muss auch diese Branche zeitnah in die Pflicht genommen werden. Es ist zu befürchten, dass dies nur über gesetzlichen Vorgaben möglich sein wird.

Der Weg zu einem nachhaltigen Gebäudepark 2050 hält also noch viele Unwägbarkeiten bereit. Die gesteckten Ziele sind ambitioniert, aber erreichbar. Dafür müssen jedoch alle Akteure am gleichen nachhaltigen Strick ziehen.

Quellen: BFE, dena / zukunft-haus.info

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